Liebe Diezerinnen und Diezer,
Wie viele jüdische Menschen im Mittelalter hier wohnten, ist nicht bekannt. Man weiß sehr wenig darüber, weil wenig aufgeschrieben wurde. Denn Schreibmaterial war teuer, so dass man nur ‚Wichtiges‘ aufgeschrieben hat. So wurden z. B. Geldgeschäfte notiert, und aus diesen ist ersichtlich, dass es jüdische Menschen in Diez gab. Juden durften damals weder Land kaufen noch ein Handwerk ausüben, so dass sie auf Handel angewiesen waren, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bereits im 14. Jahrhundert gab es Pogrome gegen sie, sie wurden vertrieben, im Jahre 1515 erließ man sogar eine Verordnung, die den Umgang mit Juden verbot. So lebten für eine lange Zeit keine jüdischen Menschen mehr in Diez.
Erst zum Ende des 17. Jahrhunderts siedelten sich wieder einige jüdische Familien in Diez an, weil dies durch die gräflichen Witwen, die hier regierten, gefördert wurde. Man erhoffte sich den Handel mit besonderen Gütern. Allerdings mussten die Juden, die sich hier niederlassen wollten, 500 Gulden als Vermögen nachweisen. Bei Heirat waren weitere 500 Gulden fällig. Jährlich war außerdem ein Schutzgeld zu zahlen. Sie durften nur ein Wohnhaus besitzen, keine weiteren Immobilien oder Land, und nur dem ältesten Sohn war es erlaubt, die Familie fortzuführen, die anderen Familienmitglieder mussten wegziehen. So bestanden jede Menge Regularien, die den jüdischen Menschen das Leben hier sehr schwer machten. Da sie kein Land kaufen durften, nach ihrem Glauben der menschliche Leib aber beerdigt werden muss und auch nicht mehr gestört werden darf, brauchten sie den guten Willen eines Landesherrn, um ein Stück Land für den Friedhof zugewiesen zu bekommen. So gab es den alten jüdischen Friedhof hinter dem Finanzamt. Da jüdische Friedhöfe ewige Friedhöfe sind, es werden keine Gräber abgeräumt, wurde ein neuer Friedhof am Fachinger Weg eingerichtet, der auch heute noch existiert.
Erst im 19. Jahrhundert erhielten die jüdischen Menschen mehr Rechte, mit dem Code Napoleon wurden sie anderen Bürgern gleichgestellt, bekamen aber erst 1866 – mit der Annektierung des Herzogtums Nassau durch Preußen – die volle Staatsbürgerschaft. Ab jetzt schreiben sie selbst auch Dinge auf, über ihre Gemeinde, über ihre Geschäfte und bauen eine Synagoge neben der Aarbrücke. Zu dieser Zeit wohnten vermutlich 60-70 jüdische Menschen in Diez, die sich auch sehr engagierten und integrierten, bis hin zur freiwilligen Teilnahme am ersten Weltkrieg.
Doch das Blatt wendete sich wieder für die jüdische Bevölkerung. Bereits 1935 passierte etwas Schreckliches: die Kinder aus dem Diezer deutsch-israelitischen Kinderheim wurden vom Mob den Schlossberg hinunter in die Stadt getrieben, weiter nach Frankfurt gebracht und von dort in Konzentrationslager deportiert und umgebracht. Von einigen verliert sich die Spur. Das jüdische Leben in Diez endete 1938 mit der Familie Löwenherz. Nachdem man Adolf Löwenherz mit einem Strick um den Hals durch Diez getrieben hatte, verließen er und seine Frau die Stadt. Sie waren die letzten jüdischen Menschen, die hier lebten. Man weiß, dass Adolf Löwenherz den Nazis nicht entfliehen konnte, sondern im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurde.
Der Arbeitskreis Stolpersteine möchte an diese Menschen erinnern und initiiert seit einigen Jahren die Verlegung von Stolpersteinen in Diez, inzwischen sind 48 Steine verlegt und weitere Verlegungen in Planung.
Über ein weiteres Projekt des Arbeitskreises berichtete Jens Reutzel. Voraussichtlich Anfang September wird ein Rundweg in Diez eröffnet, der an das jüdische Leben in Diez erinnern wird. Stationen werden widerspiegeln, wo man lebte, wo man betete und wo man die verstorbenen Angehörigen beisetzte.
Ich freue mich sehr über dieses Engagement, das das Andenken an unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger wachhält und ihnen ein Stück Würde zurückgibt – verbunden mit der Hoffnung, dass es so etwas Schreckliches wie den Holocaust nie wieder geben wird. Herzlichen Dank dafür!
Die Ausstellung ist allgemeiner gehalten und stellt das jüdische Leben auf rheinland-pfälzischem Gebiet vor. Ein Besuch dieser Ausstellung in unserem schmucken Museum lohnt sich!
Noch eine Information zur Deutschen GigaNetz und dem Thema Glasfaserverlegung in Diez: Das bestehende Angebot der Deutschen GigaNetz wurde bis zum 15.05.2023 verlängert.
Für die Erstellung unseres Mobilitätskonzeptes haben von 8 angeschriebenen Planungsbüros 2 Büros fristgerecht ein Angebot abgegeben.
In der nächsten Stadtratssitzung wird über die Vergabe entschieden werden.
Ich wünsche allen eine gute Zeit, wir sehen uns!
Herzlichst, Annette Wick
Herzlichst, Annette Wick