Gastgeschenk niederländischer Pfadfinderinnen in Diez, 1933

    Oktober 2020

    Im Bestand der Robert-Heck-Bibliothek im Stadtarchiv befindet sich „The Piper of Pax“, eine 1924 erschienene Biographie des Pfadfinder-Gründers Robert Baden-Powell.

    Das Buch war das Gastgeschenk einer Gruppe niederländischer Pfadfinderinnen aus Slochteren / Provinz Groningen, die Anfang August 1933 anlässlich der Oranierfeier zum 400sten Geburtstag Wilhelms I. von Oranien in Diez zu Gast waren. Groningen gehörte zu den Provinzen, die seit dem späten 16. Jahrhundert von den Grafen der Linie Nassau-Diez regiert wurden. Das Buch wurde dem ehemaligen Diezer Bürgermeister Robert Heck übergeben, der wenige Wochen zuvor von Nationalsozialisten aus dem Amt gedrängt worden war, und nicht seinem Nachfolger, Hermann Baumann.

    Auf den beiden Seiten des Vorsatzpapiers sind die Unterschriften von neun Pfadfinder-Pionierinnen zu lesen und eine Widmung an Robert Heck. Dieser war die Schlüsselfigur für das Zustandekommen der Oranierfeier. Leiterin der Pfadfindergruppe war die damals 22-jährige Jeanne van der Hoop van Slochteren, die älteste Tochter des mit Heck befreundeten Evert Jan van der Hoop van Slochteren. Mit diesem führte Heck bis zum Kriegsbeginn einen engen Austausch und ihm ist die Schenkung wichtiger Objekte für die Museumssammlung zu verdanken.

    Der Besuch einer ausländischen Pfadfindergruppe war nur zu Beginn der NS-Diktatur noch möglich. Die meisten deutschen Jugendverbände waren zu dieser Zeit bereits verboten bzw. in die Hitlerjugend eingegliedert worden, und gerade die international organisierten, pazifistischen, auf einer eigenständigen ethischen Basis operierenden Pfadfinder mussten dem Regime ein Dorn im Auge sein. Die Oranierfeier aber war von Heck noch in seiner Amtszeit organisiert worden, und das Regime gestand ihm als angesehenem Ex-Bürgermeister eine zeitlang noch kleine Freiheiten auf dem Gebiet der Kulturpolitik zu. Ganz in seinem Sinne war es, dass die Pfadfinderinnen in Diezer Familien untergebracht wurden und Diezer Pfadfinder, wie Karl Baumann, Erich Fischer und Wilhelm Baumann, kleine Ausflüge und Besichtigungen mit ihnen unternahmen.
    Die Ausstellung des Buchs begleitet die ab Anfang Oktober zu sehende Sonderausstellung zur Geschichte der Vereine in und um Diez.


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